Mobbing – Mehr als nur “auf den Arm nehmen” (Teil 2)

Macht durch Mobbing oder warum Kooperation doch erfolgreicher ist (Teil 2 von 2)

Im ersten Teil dieser Serie zum Thema Mobbing habe ich Ihnen ein Beispiel aus meinem Praxisalltag beschrieben und Ihnen aufgezeigt, wie ich dem Betroffenen helfen konnte. Heute erfahren Sie von mir, welche Formen von Mobbing es gibt, welche Folgen daraus entstehen können und wie Sie sich als Betroffener am besten verhalten.
Hier eine kleine Stichelei, dort eine verletzende Bemerkung – das macht nicht immer gleich Mobbing aus. Erst wenn verletzende Verhaltensweisen gehäuft auftreten oder Grenzen überschritten werden sollten die Alarmglocken klingeln. Durch folgende, regelmäßig wiederkehrende und dokumentierbare Verhaltensweisen ist Mobbing gekennzeichnet:

  • Abwertende und aggressive Äußerungen
  • Abschätzige Behandlung und Nichtbeachten
  • Nachahmen und Nachäffen von Verhaltensweisen
  • Die Vergabe sinnloser Arbeitsaufträge
  • Überzogene und kleinliche Bewertung der Arbeitsergebnisse
  • Offenen Anfeindungen, Schikanen und Beleidigungen

Welche Folgen können durch Mobbing entstehen?

Die Folgen von Mobbing in Form von psychischer Belastung sollten nicht unterschätzt werden. Insbesondere dann, wenn existenzbedrohende Szenarien (z.B. Jobverlust) möglich sind, können sie für die Betroffenen schwerwiegende Beeinträchtigungen mit sich bringen. Diese Symptome sind oft eine direkte Konsequenz von Mobbing:

  • Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls
  • Angstzustände oder depressive Symptome (Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, innere Leere oder Unruhe, Freud- und Interessensverlust, Gefühl der Sinnlosigkeit, Reizbarkeit, Konzentrationsschwächen oder auch Schuldgefühle)
  • Kopfschmerzen und Magenbeschwerden

Worauf sollte ich als Betroffener achten? Wie soll ich mich idealerweise verhalten?

Schon aus Gründen der Vorbeugung sollte ein Betroffener möglichst frühzeitig eine geeignete Strategie zum Umgang mit der Situation entwickeln und sich gegebenenfalls beraten lassen. Wichtig ist, Signale wie kleine Ungerechtigkeiten, Schikanen, ungerechtfertigte Bemerkungen, Entzug von vertrauten Aufgaben oder aber auch Ausgrenzung von Projekten bzw. Arbeitsprozessen nicht nur wahr- sondern auch ernst zu nehmen. Betroffene neigen unter Umständen dazu, die Tragweite der Situation zu verdrängen, abzutun oder die Schuld bei sich zu suchen. Oft, so wie in meinem Praxisbeispiel [Verlinken], erscheint die Situation zunächst grotesk unwirklich, sodass Betroffene in eine Art hilflose Ohnmacht verfallen. Wichtig ist deshalb, frühzeitig der Realität zu stellen und sich kritisch mit der Situation auseinanderzusetzen.

Mitarbeiter, die sich in einer Mobbing-Situation wiederfinden, sollten zunächst das persönliche Gespräch mit ihrem Vorgesetzten suchen und ihre Wahrnehmung erläutern. Wenn Mitarbeiter ein solches Gespräch in die Wege leiten, zeigen sie klar Grenzen auf. Vielleicht hat der Vorgesetzte gar nicht bemerkt, was falsch läuft, und versucht, sich oder die Situation daraufhin zu verändern. Oftmals können in solchen Gesprächen auch Probleme identifiziert werden, die sich dann als eigentliche Ursache der Situation herausstellen. Sollte dieser Versuch nicht funktionieren, kann sich der Betroffene an Kollegen, andere Führungskräfte, die Personalabteilung oder den Betriebsrat wenden. Empfehlenswert ist dabei in jedem Fall eine Dokumentation der vorgefallenen Ereignisse.

Schaffen Sie geistigen und körperlichen Ausgleich!

Der geistige und körperliche Ausgleich ist ein weiterer wichtiger Aspekt, um destruktive Gedanken zu minimieren. Je nach Intensität der Situation kann auch eine andere Einstellung bzw. eine veränderte Sichtweise bis zu einem gewissen Grad zur Verbesserung führen. Das Trainieren von Gelassenheit sowie den rhetorischen Fähigkeiten zum Umgang mit unfairen verbalen Angriffen können für mehr Selbstbewusstsein und eine damit verbundene Veränderung der inneren Einstellung sorgen. In Verbindung mit Entspannungsverfahren erarbeitet man sich so eine Art kleines Schutzschild gegen die Angriffe.

Wird die Intensität jedoch zu hoch und das Arbeitsklima verschlechtert sich durch einen permanenten Abwehrkampf in Form von Rechtfertigungen und Beschwerden immer weiter, dann ist moralische und strategische Unterstützung durch Familie, Freunde, Rechtsberatung, Betriebsrat oder Coaching empfehlenswert. Dritte sind bei der Analyse der eigenen Situation oft eine wertvolle Hilfe.

Wichtig ist, die Isolation der eigenen Person in jedem Fall zu vermeiden. Gleichzeitig müssen körperliche Symptome müssen ernst genommen anstatt sie als Schwäche auszulegen. Bei Mobbing-Opfern ist dies leider häufig der Fall.

Wie kann ich als Führungskraft Mobbing gar nicht entstehen lassen?

Führungskräfte nehmen mit ihrem Führungsstil und Kommunikationsverhalten unmittelbar Einfluss auf die Kooperation und das Miteinander im Unternehmen. Eine wertschätzende Grundhaltung und das Bewusstsein über die Vorbildrolle ist eine gute Basis für ein konstruktives Miteinander. Empathie und emotionale Intelligenz sind trainierbar und ohnehin eine Schlüsselkompetenz für die Führungskraft von heute.

Mitarbeiter auf dem Flur anzuschreien und ganz offiziell die Führungskraft „heraushängen“ zu lassen funktioniert vielleicht im Kino. Im Alltag sind jedoch ein freundliches „Guten Morgen“, ein „Danke“ oder ein „Bitte“ Schlüsselwörter, die nicht nur bei Arbeitsaufträgen in der Wahrnehmung bei Mitarbeitern einen großen Unterschied ausmachen. Neben der Art und Weise der Kommunikation ist natürlich auch die Kongruenz von Kompetenzen und Aufgaben zu berücksichtigen. Über- oder Unterforderung gilt es gar nicht erst aufkommen zu lassen. Zeitnahe Rückmeldungen zur Leistung sind ebenso wie Handlungs-und Entscheidungsfreiheiten weitere Beispiele, um eine wertschätzende Kultur zu etablieren. Und nicht zuletzt spielt auch der Umgang mit Informationen eine Rolle: Ist das Verhalten und die Kommunikation der Führungskraft für die Mitarbeiter transparent? Oder haben diese den Eindruck, dass Informationen verdreht, vertuscht oder nicht ernst genommen werden?

Auch für Unternehmen bleibt Mobbing nicht folgenlos.

Die Duldung diskriminierender Praktiken bringt für Unternehmen unter Umständen ziemliche Nachteile mit sich. Nicht nur direkte Kosten durch Krankheit, Kündigung oder neue Einarbeitung sind die Folge, sondern auch indirekte Kosten wie beispielsweise durch Qualitäts- und Produktionsprobleme, Missverständnisse in der Kommunikation oder durch einen Leistungsabfall der betroffenen Mitarbeiter. Ebenso sind entstehende Imageprobleme und der Verlust von qualifizierten Mitarbeitern nicht zu unterschätzen.

Jeder kann seinen Teil zu einem guten Miteinander beitragen.

Management, Führungskräfte und Mitarbeiter können jeder für sich zu Arbeitsbedingungen beitragen, die die optimale Persönlichkeits- und Leistungsentfaltung aller ermöglicht. Es gilt untereinander und miteinander ein positives Arbeitsklima als die womöglich beste Prophylaxe zu entwickeln. Sollte dennoch der Jobwechsel der letzte Ausweg sein, dann kann dieser dafür genutzt werden, die eigenen beruflichen Ziele zu hinterfragen, um eine Chance in der Krise zu entdecken. Der Jobwechsel wird so zu einer Art Befreiung.

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